Herr Staatssekretär Richter hat sich am 31. März für unsere Vorschläge zur Behandlung der zweiten und dritten Fremdsprache während der Coronapandemie (Brief vom 13.03.21) bedankt und will sie in seine weiteren Überlegungen einfließen lassen. Die Landesverbände des DAV, des VdF und des DSV haben am 1. April darauf geantwortet und bitten weiterhin um ein Gespräch und um explizite Hinweise in einer neuen Schul-E-Mail.


 

An Herrn
Staatssekreta
̈r Mathias Richter Ministerium für Schule und Bildung Düsseldorf

01.04.2021

Unterricht in der zweiten und dritten Fremdsprache für die Zeit nach den Osterferien

- Ihr Schreiben vom 31.03.21

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Richter,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben. Wir danken ebenso für das in der Schulmail vom 25.03.21 offerierte Gesprächsangebot für Vertreter*innen der Lehrerverbände. In dieser Funktion möchten wir Ihnen bereits jetzt darlegen, welche Alternativen für den Unterricht in den Zweiten und Dritten Fremdsprachen wir uns nach den Osterferien vorstellen.

Die Zweiten und Dritten Fremdsprachen werden nur in ganz wenigen Ausnahmen im Klassenverband unterrichtet. Daher ist es unabdinglich, dass die Schüler*innen der Zweiten und Dritten Fremdsprachen in festen Lerngruppen zusammenkommen bzw. als Lerngemeinschaften unterrichtet werden.

In den allgemeinen Informationen zum Schulbetrieb führen Sie im Unterpunkt Präsenzunterricht und Klassenteilung zwar aus, dass „für die Fremdsprachen bzw. den Wahlpflichtbereich Anpassungen erforderlich und die Schulen, die für sie besten Möglichkeiten wählen können.“
Gleichwohl formulieren Sie in der Schulmail vom 05.03.21, dass eine „Durchmischung im Rahmen der äußeren Differenzierung, im Wahlpflichtbereich sowie im Unterricht der zweiten Fremdsprache vermieden“ werden soll. In der Praxis wird dies als Verbot der Fortführung der bisherigen Lerngruppen gelesen, denn Schulleiter*innen verstehen: Die Schüler*innen sind im Klassenverband zu halten und mit Aufgaben zu versorgen. Die Möglichkeiten der Anpassung werden daher sehr selten erwogen.

Die Praxis seit dem 15.0.3.21 zeigt, dass Hauptfächer, die einen erheblichen Teil zur Denkentwicklung der Schüler*innen beitragen und wesentliche Sprachqualifikationen vermitteln, nur in einer notbetreuungsähnlichen Form erteilt werden. Fachlehrer*innen werden zur Aufsicht statt zum qualifizierten Unterricht eingesetzt, müssen sogar in vielen Fällen zwischen fünf Lerngruppen während einer Stunde hin und her springen. Das bedeutet: erhöhtes Infektionsrisiko und erschwertes Arbeiten für Schüler*innen und Lehrer*innen. Echte Lernbegegnungen mit Einführung der Aufgaben und Sichern der Lernfortschritte sind nicht möglich.

Welche Alternativen sehen wir?

An allen Schulen werden Notbetreuung und vielerorts auch Lernräume angeboten, in denen Schüler*innen der Sek I lernen können. In diesen wechselnden Schüler*innengruppen werden unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln sowie einer engmaschigen Dokumentation Schüler*innen aus verschiedenen Klassen und Jahrgangsstufen in einem Raum betreut bzw. beaufsichtigt.
In allen Jahrgängen der Oberstufe werden die Schüler*innen im Kurssystem unterrichtet. Während dies in den Jahrgängen der Qualifikationsphase in voller Präsenz stattfindet, sind die Kurse der Einführungsphase durch den Wechselunterricht deutlich reduziert.

Schüler*innen der Sek I sind in der Regel als halbe Klasse anwesend, da der andere Teil in Distanz lernt. Genauso träfe dies für alle Sprachgruppen bzw. festen Lerngruppen im Wahlpflichtunterricht zu.

Die Lerngruppen in der zweiten und dritten Fremdsprache sind feste Lerngruppen, die Anwesenheit wird dokumentiert. Daher bitten wir dringend zu prüfen, ob diese nicht wie die Kurse der drei Jahrgänge der Oberstufe sowie die Gruppe der Notbetreuung nach den Osterferien wieder in Präsenz eingerichtet werden können.

Wenn die Stunden in den Zweiten Fremdsprachen und im Wahlpflichtbereich in den Randstunden liegen oder gelegt werden, könnten diese nach dem Präsenzunterricht in Distanz bzw. als Videokonferenzen für die dann ungeteilte Lerngruppe abgehalten werden. Niemand weiß, wie sich die Situation nach den Osterferien entwickeln wird, aber für die Fremdsprachen wäre es besser, Distanzunterricht als keinen Unterricht erteilen zu können.

Wir bitten daher darum, in der nächsten Schulmail die Zweiten und Dritten Fremdsprachen explizit zu thematisieren und den Schulleitungen gegenüber eindeutig zu formulieren, wie ein gemeinsamer Unterricht in der festen Lerngruppe ab dem 12. April 2021 möglich sein kann:


- im Wechselunterricht mit einer Anwesenheit von in der Regel der halben festen Lerngruppe in Präsenz,
- im Distanzlernen durch Verlagerung der Unterrichtsstunden an den Tagesbeginn oder das Tagesende.

Wir würden es begrüßen, wenn Sie mit uns, den Fremdsprachenverbänden, auch das direkte Gespräch suchten, wie Sie es in Ihrer Schulmail vom 25. März angekündigt haben.

Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis und verbleiben mit freundlichen Grüßen
für die Landesverbände
des DAV

Dr. Susanne Aretz
Dr. Matthias Laarmann Maximilian Nießen

der VdF
Andreas Nieweler Ulrike C. Lange

des DSV Thomas Döring Cornelia Walter



An Herrn Staatssekretär Matthias Richter
Ministerium für Schule und Bildung
Düsseldorf

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Richter!

Die Corona-Pandemie hat uns allen den Wert des Präsenzunterrichts klar gemacht. Der Weg dorthin zurück ist Aufgabe für uns alle mit Schule Befassten, und die nordrhein-westfälischen Landesverbände des Deutschen Altphilologenverbandes (DAV), der Vereinigung der Französischlehrerinnen und -lehrer e.V. (VdF) und des Deutschen Spanischlehrerverbandes (DSV) möchten auch ihren Beitrag leisten. Es ist uns auch bewusst, dass mit der Schulmail vom 05.03. ein Versuch gemacht wurde, Familien zu entlasten und Bildung wieder langsam zu ermöglichen unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes. Doch bleiben augenscheinlich bei dieser Grundentscheidung des Schulministeriums wichtige Belange der Zweiten und Dritten Fremdsprache unberücksichtigt oder zumindest gefährlich unterbewertet.

Deswegen möchten wir auf ein großes Problem aufmerksam machen, zu dem uns zahlreiche Zuschriften aus dem gesamten Land erreichen und dessen Beseitigung für die Zeit nach den Osterferien organisatorisch unbedingt geleistet werden muss: In der Schulmail vom Freitag, dem 05.03.2021, steht explizit, dass eine „Durchmischung im Rahmen der äußeren Differenzierung, im Wahlpflichtbereich sowie im Unterricht der zweiten Fremdsprache vermieden“ werden soll. Die Zweiten und Dritten Fremdsprachen werden nur in ganz wenigen Ausnahmen im Klassenverband unterrichtet. Dadurch haben die Schulleiter*innen und Fachlehrkräfte fast keinen Spielraum mehr, in diesen Fächern digital oder analog Unterricht zu erteilen. De facto besteht im Moment an vielen Schulen die absurde Situation, dass in den zumeist gemischten Lerngruppen in bis zu sechs unterschiedlichen Räumen Teilgruppen der Schüler*innen sitzen, gemeinsam mit den anderen Fächern, die von den Sprachlehrkräften lediglich mit Aufgaben zur Einzelarbeit versorgt werden können, was eine echte Unterrichtsbegegnung unmöglich macht und auch deutlich hinter den Distanzunterricht zurückfällt.

Wir brauchen zum Spracherwerb (vor allem zur Schulung der Mündlichkeit oder zur Einführung neuer Grammatik sowie zum Besprechen der Arbeitsergebnisse) unbedingt den regelmäßigen Unterricht in der Lerngruppe, zumal sehr viele wichtige Elemente eines modernen Sprachunterrichts, wie Austausche und kulturelle Begegnungssituationen, aktuell bereits wegfallen müssen. Aufgaben im Wechsel mit dialogischem Unterricht funktionieren, nicht aber Aufgaben ohne gemeinsame Einführung und Besprechung. Es geht uns jetzt nicht um die 6-8 Unterrichtsstunden vor den Osterferien. Die Problematik darf aber keinesfalls nach den Osterferien fortbestehen.

Es handelt sich um die Zweiten und Dritten Fremdsprachen als Hauptfächer, die einen erheblichen Teil zur Denkentwicklung der Schüler*innen beitragen und in denen sie die Chance erhalten müssen, die Sprachqualifikationen, die sie später für verschiedene Studienrichtungen benötigen, auch zu erwerben. Durch das apodiktische Gebot fester Lerngruppen über die Osterferien hinaus ohne alternative Lösungen könnten Schullaufbahnen gefährdet sein. Es fehlt allen Beteiligten eine Bewertungsgrundlage z. B. von Schüler*innen, die sich allem leicht entziehen können. Dadurch drohen Widersprüche. Die fortlaufende Belegung einer zweiten Fremdsprache ist außerdem Abiturbedingung. Schüler*innen müssen die Wahl haben können, statt in der Oberstufe wieder eine neue Fremdsprache bis zum Abitur anzuwählen, guten Gewissens die zweite oder dritte Fremdsprache fortlaufend zu belegen. Wir machen hier auch darauf aufmerksam, dass die Schulform Gymnasium sich von den anderen Schulformen durch die Möglichkeit, mehrere Fremdsprachen erwerben zu können, wesentlich unterscheidet. 

Wir möchten Sie daher bitten, über Alternativen nachzudenken, die den Schulen Handlungsspielräume zulassen. Natürlich ist uns allen ein umfassender Infektionsschutz wichtig, gerade deshalb sind hier Hilfen und Hinweise für Schulleitungen und Lehrkräfte notwendig. Daher ist es sehr wichtig, die Aufmerksamkeit der Schulleitungen in der Schulmail auf dieses Problem zu richten und einzufordern, dass die Lösung an der Schule mit den Fachschaften der zweiten und dritten Fremdsprachen abgeklärt werden. Auch eine Übersicht über Best practice-Beispiele von Schulen wäre hilfreich. Wenn die Stunden der Wahlpflichtfächer z. B. in den Randstunden liegen, könnten diese auch nachmittags als Videokonferenzen für die dann ungeteilte Lerngruppe abgehalten werden. Für den Bildungserfolg in den Fremdsprachen wäre es auf jeden Fall besser, weiterhin Distanzunterricht als gar keinen realen Unterricht zu erhalten. Aufgaben in Einzelarbeit erfüllen dies nicht. Auch das jetzige Verbot der klassenübergreifenden Gruppenmischungen könnte nach den Osterferien analog den Regelungen in der Oberstufe aufgehoben (wie in anderen Bundesländern, z. B. Rheinland-Pfalz) und mit regelmäßigen Testungen begleitet werden, so es das Infektionsgeschehen erlaubt.

Die NRW-Landesverbände des DAV, der VdF und des DSV sind in Sorge um die Lernerfolge von zahlreichen Schüler*innen, die ein Hauptfach zu absolvieren haben und denen ein ebenso valider wie praktikabler Unterricht zusteht. Es ist wichtig und dringend, dass die bisherige Lösung eine Ablösung braucht. Wir bieten dazu als Landesverbände des DAV, der VdF und des DSV gerne unsere Unterstützung an.

Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

für die Landesverbände

des DAV der VdF des DSV

Dr. Susanne Aretz                               Andreas Nieweler                               Thomas Döring

Dr. Matthias Laarmann                       Ulrike C. Lange                                   Cornelia Walter

Maximilian Nießen

 


 

Außerdem möchte ich auf einen wichtigen Passus auf der Homepage des Schulministeriums aufmerksam machen:

Quelle: https://www.schulministerium.nrw/themen/schulsystem/angepasster-schulbetrieb-corona-zeiten

Punkt: Präsenzunterricht und Klassenteilung


Nur durch Zufall hat der Deutsche Altphilologenverband Nordrhein-Westfalen (DAV NRW) von einer geplanten Änderung der Lehramtszugangsverordnung[1] (LZV) erfahren, die Auswirkungen auf die von der Kultusministerkonferenz (KMK)[2] vereinbarten Qualitätsstandards Latinum und Graecum haben kann.

Nachdem in der LZV 2016 bereits z. B. das Fach Geschichte nur mit Kenntnissen in Latein „auf dem Niveau eines Kleinen Latinums“ studiert werden konnte, soll dies in dem Entwurf der neuen LZV auch für die Fächer Katholische und Evangelische Religionslehre eingeführt werden. In der Begründung heißt es, dass damit „Anregungen der Kirchen“ aufgegriffen würden, ein Autor oder eine Organisation werden dort aber nicht konkret genannt.

Der DAV NRW möchte nicht über Anforderungen anderer Fächer sprechen, aber doch fragen, warum ein bundesweiter Standard wie das Latinum nach und nach aufgegeben wird und stattdessen lediglich Kenntnisse auf dem Niveau des Kleinen Latinums verlangt werden.

Was ist denn mit „Kenntnissen auf dem Niveau des Kleinen Latinums“ gemeint? Während das Latinum den von der KMK definierten Qualitätsstandard Latinum bundesweit sichert (vgl. Fußnote 2), bedeutet bereits das Kleine Latinum eine landesinterne, allerdings durch Kriterien definierte Relativierung[3]. Für „Kenntnisse auf dem Niveau des Kleinen Latinums“ liegen bisher keine messbaren und vergleichbaren Kriterien vor (vgl. Fußnote 1, Begründung). Der DAV NRW befürchtet daher eine deutliche Absenkung der Standards 

Hieß es in der früheren LZV noch an vielen Stellen „Kenntnisse in Latein (Latinum)“ oder „Kenntnisse in Griechisch (Graecum)“ wird jetzt mit der Formulierung „Kenntnisse im Niveau von“ operiert und damit die Zuständigkeit der Überprüfung dieser Kenntnisse in die Hand der einzelnen Universitäten gelegt.

Wenn die einzelnen Universitäten die Kenntnisse nachweisen sollen, dann ist damit der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet und eine Abwanderung von Studierenden zu den scheinbar leichteren Universitäten, die die geringsten „Kenntnisse“ auf der nach unten hin offenen „Kenntnisskala“ verlangen, vorgezeichnet.

Zudem möchte der DAV NRW darauf aufmerksam machen, dass bei der Formulierung der Sprachkenntnisse im Fach Ev. Religionslehre - vielleicht unabsichtlich – die Konjunktion „sowie“ zwischen der Sprache Griechisch und den beiden anderen Sprachen ausgelassen wurde („im Fach Evangelische Religionslehre auf Kenntnissen in Griechisch auf dem Niveau des Graecums, auf Kenntnissen in Hebräisch auf dem Niveau des Hebraicums oder auf Kenntnissen in Latein auf dem Niveau eines Kleinen Latinums“). Dadurch müssten die Studierenden nur noch „Kenntnisse im Niveau von“ einer antiken Sprache nachweisen statt auf jeden Fall in Griechisch und einer der anderen beiden Sprachen.

Wir warnen eindringlich davor, die Standards zu senken, und appellieren noch einmal an die für den Entwurf der LZV Verantwortlichen, die Änderungen im §11 zu überdenken oder – auch gerne mit unserer Hilfe - zumindest für landesweite Standards zu sorgen.

Dr. Susanne Aretz für den DAV NRW


[1] die LZV, Stand April 2016: §11 Nachweis fremdsprachlicher Kenntnisse

(2) Die erforderlichen fachwissenschaftlichen Kompetenzen für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen beruhen in bestimmten Fächern auf weiter gehenden Sprachkenntnissen entsprechend der Verordnung über den Bildungsgang und die Abiturprüfung in der gymnasialen Oberstufe vom 5. Oktober 1998 (GV. NRW. S. 594) in der jeweils geltenden Fassung: 1. im Fach Katholische Religionslehre auf Kenntnissen in Latein (Latinum), im Fach Philosophie/Praktische Philosophie auf Kenntnissen in Latein auf dem Niveau eines Kleinen Latinums oder auf Kenntnissen in Griechisch (Graecum), 2. in den Fächern Latein und Griechisch auf Kenntnissen in Latein und Griechisch (Latinum und Graecum), 3. im Fach Evangelische Religionslehre auf Kenntnissen in Griechisch (Graecum) sowie auf Kenntnissen in Latein oder Hebräisch (Latinum oder Hebraicum) und 4. im Fach Geschichte auf Kenntnissen in Latein auf dem Niveau eines Kleinen Latinums. Die erforderlichen fachwissenschaftlichen Kompetenzen für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen beruhen im Fach Katholische Religionslehre neben dem Latinum auf Grundkenntnissen in Griechisch und Hebräisch, im Fach Islamische Religionslehre auf Kenntnissen des Arabischen. (3) Die Hochschulen können in ihren Ordnungen weitergehende Anforderungen stellen. (vgl. https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=15620&vd_back=N211&sg=0&menu=1)

Neu ist jetzt: 7. § 11 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
a) Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In Nummer 1 wird das Wort „(Latinum)“ durch die Wörter „auf dem Niveau eines Kleinen Latinums“ ersetzt.
bb) Nummer 3 wird wie folgt gefasst:
„3. im Fach Evangelische Religionslehre auf Kenntnissen in Griechisch auf dem Niveau des Graecums, auf Kenntnissen in Hebräisch auf dem Niveau des Hebraicums oder auf Kenntnissen in Latein auf dem Niveau eines Kleinen Latinums und“.
b) In Satz 2 werden die Wörter „dem Latinum“ durch die Wörter „den Kenntnissen in Latein nach Satz 1 Nummer 1“ ersetzt. (vgl. https://dvpb-nw.de/wp-content/uploads/2020/12/%C3%84nderungsentwurf-LZV.pdf)

Begründung: Zu 7 (§ 11 Absatz 2) Die Änderungen greifen Anregungen der Kirchen auf und ermöglicht (sic!) es, die Fächer Evangelische Religionslehre und Katholische Religionslehre künftig auch mit Lateinkenntnissen auf dem Niveau eines Kleinen Latinums zu studieren. Mit der Bezugnahme auf das „Niveau eines Kleinen Latinums“ werden die materiellen Anforderungen an die erforderlichen Lateinkenntnisse durch die Verordnung über die Bildungsgänge und die Abiturprüfung in der gymnasialen Oberstufe vorgegeben und definiert, ohne dass formal ein Kleines Latinum erworben werden muss. Der Nachweis kann daher auch durch gleichwertige fachbezogene Prüfungsleistungen in Latein – beispielsweise auf der Grundlage von Lateinkursen der Universität – erbracht werden; gleiches gilt für die Kenntnisse in Griechisch und Hebräisch.

 

[3] BASS 19-33 Nr. 3 Ordnund der Erweiterungsprüfungen zum Abiturzeugnis in Lateinisch, Griechisch, Hebräisch (Latinum/Kleines Latinum/Graecum/Hebraicum), RdErl. d. Kultusministeriums v. 02.04.1985 (GABI. NW. S. 287, Pkt. 3.2)


Der neue Kernlehrplan für die Sekundarstufe I im Fach Griechisch steht vor der Herausforderung, auf der einen Seite den gewünschten und erforderlichen Anschluss an den vorhandenen Lehrplan der ‚Alten Sprachen‘, den KLP Latein, herzustellen, auf der anderen Seite aber die Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale des Fachs Griechisch deutlich zu kommunizieren. Dies gilt umso mehr, als ein Lehrplan nicht nur ein bloßes  Steuerungsinstrument für die Vermittlung der Inhalte und Kompetenzen, sondern auch für das Selbstverständnis des Fachs sein muss. Der DAV NRW vertritt nach intensiver Beschäftigung mit dem Entwurf des KLP für die Sek I und nach Konsultation mit mehreren Griechischlehrerinnen und -lehrern dezidiert die Auffassung, dass gewissermaßen das ‚Prepon‘ (das Angemessene) zwischen den beiden genannten Polen nicht erreicht ist: Alleinstellungsmerkmale und Besonderheiten des Griechischen werden im gegenwärtigen Entwurf nicht ausreichend sichtbar. Dieser Umstand ist für uns wirklich sehr schmerzlich, weil dieser Anspruch in dem Lehrplan für die Sek I von 1993 sehr gut eingelöst worden war und selbst der gegenwärtige KLP für die Sek II das Fach wesentlich geschickter begründet.

Die Aufgaben und Ziele des Faches müssen die Selbstständigkeit des Faches gerade auch im Unterschied zum Lateinischen ausschärfen. Selbst wenn die historische Kommunikation und die Sprachbildung in beiden Fächern Leitziele sind, so müssen in diesen beiden Leitzielen die Unterschiede zum Fach Latein herausgearbeitet werden. Eine Neuformulierung des Entwurfs des KLP Sek I Griechisch ist dazu nicht nötig, wohl aber sind in unseren Augen einige wenige Ergänzungen, Neuakzentuierungen und Ausschärfungen unerlässlich. Konkrete Vorschläge hierzu möchten wir im Folgenden unterbreiten.


„Die soziologische Untersuchung, „Des Kaisers alte Kleider...“ zum angeblich fehlenden Nutzen der Alten Sprachen, insbesondere des Lateinischen, hat ein erstaunliches mediales Echo hervorgerufen. Dass die Untersuchung methodisch wie inhaltlich fragwürdig ist, ergibt sich aus der Stellungnahme der Humboldt - Universität, die wir hier im Wortlaut wiedergeben. Die Kurz- sowie die Langfassung der Stellungnahme finden Sie auch hier:

Prof. Dr. Stefan Kipf, Dr. Andrea Beyer, Ann-Catherine Liebsch:

Fiktionalität in der Wissenschaft – Analyse einer Studie

Die Publikation „Des Kaisers alte Kleider: Fiktion und Wirklichkeit des Nutzens von Lateinkenntnissen“, die in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 71 (2) 2019, 309-326 erschienen ist und erstaunlicherweise ein beachtliches mediales Echo ausgelöst hat, beschäftigt sich mit den Transfereffekten, die Eltern dem Lateinunterricht in Zeiten der Globalisierung zuschreiben.

Falsche Zahlen als Grundlage

Der Studie liegt die Feststellung zugrunde, dass „[o]bwohl Latein eine nicht mehr gesprochene Sprache ist und ihr deswegen kein kommunikativer Nutzen zukommt, […] die Anzahl der Latein als Schulfach wählenden Schüler im Zeitverlauf angestiegen“ sei (309). Auf dieser Aussage basiert auch das übergeordnete, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt „Die Wahl von Latein und Altgriechisch als schulische Fremdsprachen: Eine Distinktionsstrategie der oberen sozialen Klassen?“1, das an der Freien Universität Berlin angesiedelt ist, aber im Beitrag nicht explizit genannt wird. Doch wie kommen die Forscher zu der Angabe, dass sich der Anteil Latein lernender Schüler an Gymnasien von im Jahr 1999 ca. 26% auf ca. 31% im Jahr 2017 leicht erhöht habe (311) oder der Anteil der Alt-Griechisch lernenden Schüler über diesen Zeitraum bei 0,5 % stagniere (Fußnote 1, 312)? Im Gegensatz zu dieser Darstellung beklagen die Vertreter dieser Fächer seit dem Schuljahr 2008/09 einen kontinuierlichen Rückgang der absoluten und relativen Schülerzahlen (Behrendt & Korn 2016), wobei der Anteil der Lateinschüler an den Gymnasien zuletzt (Schuljahr 2016/17) bei 26,12% lag (Beyer et al. 2017, 13). Die absoluten Zahlen auch aus dem folgenden Schuljahr (611.507 im Jahr 2017/18 zu 632.056 im Jahr 2016/17)2 bestätigen diesen anhaltenden Trend. Eine ohne Aufwand falsifizierbare Aussage legitimiert also ein breitangelegtes Forschungsvorhaben!