Die folgende Stellungnahme hat der Vorstand des DAV-NRW am 28.09.2023 der Vorsitzenden des Evangelisch-Theologischen Fakultätentags, Frau Prof. Dr. Judith Gärtner, übermittelt:

An 

  • den Evangelisch-Theologischen Fakultätentag (via Vorstand)
  • die Mitglieder der Gemischten Kommission I
  • an die Mitglieder des DAV-NRW z. K.

Der Landesverband NRW im Deutschen Altphilologenverband (DAV-NRW) vertritt als Fachverband die Fächer Latein und Altgriechisch an Schulen und Universitäten in Nordrhein-Westfalen.

Durch den Vorstand des Hebraistenverbandes e. V. (HV) ist der Vorstand des DAV-NRW auf eine Stellungnahme vom 20. August 2023 1 aufmerksam gemacht worden, die ausgehend vom Hebräischen den geplanten Umgang mit Sprachenanforderungen und -ausbildung im Studium der Evangelischen Theologie kritisiert. 

Als Latein- und Griechischlehrende an Schule und Universität sind die Mitglieder des DAV-NRW die Experten für das Erlernen der Sprachen Latein und Altgriechisch. Zugleich wirken sie als fachkundige Botschafterinnen und Botschafter für die Bedeutung der Alten Sprachen in Schule, Wissenschaft und Gesellschaft. Deshalb unterstützt der Vorstand des DAV-NRW grundsätzlich die vom HV als seiner Schwesterorganisation formulierten Anliegen und schließt sich auch deren Stellungnahme im Wesentlichen an, insoweit die Argumente auf die universitäre Sprachenausbildung in den Fächern Latein und Altgriechisch übertragbar sind. Zudem bedauert der DAV-NRW die Kurzfristigkeit für die Möglichkeit zu einer Stellungnahme und den Mangel an Beteiligungsmöglichkeiten durch versierte Fachleute.

In kirchliche Angelegenheiten und fachliche Belange der Theologie, abgesehen von der Sprachenausbildung, kann und will sich der DAV-NRW naturgemäß nicht einmischen und enthält sich daher eines Urteils darüber, ob mit der Unterscheidung zwischen Sprachenausbildung und theologischem Denken eine falsche Dichotomie eröffnet oder mit der Rede von einem sprachfreien theologischen Denkraum Widersprüche in Kauf genommen werden.2

Da die Sprachenausbildung insbesondere in den Fächern Latein und Altgriechisch jedoch nicht nur von Theologinnen und Theologen, sondern auch von Gräzistinnen und Gräzisten sowie Latinistinnen und Latinisten getragen wird, sieht sich der Vorstand des DAV-NRW verpflichtet, zu den kritisierten Änderungsvorhaben folgendermaßen Stellung zu beziehen. Dabei orientieren sich unsere Argumente an der Struktur der Stellungnahme des HV:

 

In dem Beschluss 6 zum „Diskussionspapier: Perspektiven auf die Zukunft des Theologiestudiums“ des Evangelisch-Theologischen Fakultätentags, München 14.-16.10.2023 ist zu lesen (Seite 9, letzter Punkt):

"An allen drei Sprachen soll grundsätzlich festgehalten werden. Über die Sprachanforderungen in Latein ist im Zusammenhang einer Reform des Theologiestudiums Mag. Theol. weiter zu diskutieren."

Vgl. zu einer kritischen Stellungnahme: Schmoll, Heike: "Die alten Sprachen sind nicht verzichtbar", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 297 vom 21.12.2023, Seite 6.


Die Stellungnahme des Hebraistenverband e.V. zur Vorlage der Gemischten Kommission I (GK I) „Zur Reform des Theologiestudiums, ausgehend von einer Reform der Sprachausbildung“ vom 26.06.2023 gibt es zum Download hier.

Aktuelles – Hebraistenverband e.V. (hebraisten-verband.de)


Am 01.06.2021 haben sich Dr. Susanne Aretz, Johannes Maximilian Nießen und Dr. Jochen Sauer vom DAV NRW zu einem etwa einstündigen online-Gespräch mit Vertreter*innen des Ministeriums für Schule und Bildung getroffen. Anlass des Gesprächs mit Frau Hinz, Herrn Geldmacher, Herrn Hoser sowie Herrn Weißweiler war die geplante Änderung des § 11 Lehramtszugangsverordnung (LZV). Die Lehramtsstudiengänge der evangelischen und katholischen Religionslehren sollen demnach in Zukunft nur noch "Kenntnisse auf dem Niveau des Kleinen Latinums" erfordern. Die Einzelheiten der Umsetzung in Lehre und Prüfungsmodalitäten regeln die Hochschulen dann in Eigenregie.

Der DAV NRW möchte sich in diesem Zusammenhang nicht in die Belange und inhaltlichen Vorstellungen der jeweiligen Fächer einmischen, ist aber mit der impliziten Relativierung der Standards aus fachlichen Gründen nicht einverstanden.

Die folgenden Argumente wurden von den DAV-Vertreter*innen vorgetragen und von den MSB-Vertreter*innen wertschätzend zur Kenntnis genommen:

  • Seit dem Akkreditierungsverfahren 2016 gibt es bereits Erfahrungswerte zu den Fächern Geschichte und Philosophie, die zu denken geben: Die dem DAV NRW vorliegende Datenlage lässt nämlich erkennen, dass die Praxis von Anforderungen, Kursen (in der Regel drei Kurse Latein in Kooperation mit den Instituten/Seminaren für Klassische Philologie) und Prüfungen nicht nur an verschiedenen Universitäten, sondern selbst innerhalb von Universitäten oder Fachbereichen unterschiedlich gehandhabt werden; auf die bestehende Möglichkeit, eine Prüfung zum Kleinen Latinum bei den Bezirksregierungen abzulegen, wird nicht von allen Universitäten verwiesen. Die unklare Zuständigkeit für die Sicherstellung des Standards "Kleines Latinum" an Universitäten – die oberste Schulaufsicht oder das universitäre Akkreditierungsverfahren (zuletzt 2016, erneut voraussichtlich 2023) – stellt ein grundsätzliches Problem dar.
  • Die fachlichen Standards des Kleinen Latinums an Universitäten sicherzustellen und gleichzeitig den Zuschnitt auf die fachbezogenen Anforderungen der einzelnen Fächer (z.B. Antike-/Mittelaltermodule im Fach Geschichte, Kirchengeschichte in der Theologie, ...) zu ermöglichen, ist eine Herausforderung.
  • Universitäten sind bei der Konzeptionierung und Durchführung von Anforderungen, Kursen und Prüfungen vor enorme organisatorische Herausforderungen gestellt.

Einigkeit bestand in dem Punkt, dass es für die Prüfungsverfahren sinnvoll ist, dass den Prüflingen die Prüfer*innen möglichst bekannt sind. Gebotene Praxis ist bei den Prüfungen allerdings, dass Prüfer*innen der Bezirksregierungen und nicht die Dozent*innen der Studierenden prüfen.

Nach Dafürhalten des DAV NRW wäre schließlich die einzige, wenn auch unrealistische oder unwahrscheinliche Perspektive, alle bisher auf den Weg gebrachten Änderungen zu den Lateinanforderungen rückgängig zu machen.

Der DAV NRW wird alle weiteren Entwicklungen in Zusammenhang mit den Graecums- und (Kleinen) Latinumsanforderungen kritisch beobachten und sich bei Bedarf erneut einschalten.

(Johannes Maximilian Nießen für den DAV NRW)

Nachtrag: Gesprächsergebnisse zum ersten Treffen mit den Vertreter*innen des Sprachenreferats anlässlich des Unterrichts der zweiten und dritten Fremdsprachen während der Coronapandemie im Frühjahr

Am 26. April 2021 trafen sich die Vertreter*innen der Landesverbände des Deutschen Altphilologenverbandes, der Vereinigung der Französischlehrerinnen und -lehrer und des Deutschen Spanischlehrerverbandes, Dr. Susanne Aretz, Ulrike Lange und Cornelia Walter, mit den Vertreter*innen des Sprachenreferats, Silke Hinz, Jörg Weißweiler und Jan Gerstenberger, um auf die desolate Situation des Unterrichts der zweiten und dritten Fremdsprachen während der Coronapandemie aufmerksam zu machen. Auf unser Anliegen, dass diese Hauptfächer, die einen erheblichen Teil zur Denkentwicklung der Schüler*innen beitragen und wesentliche Sprachqualifikationen vermitteln, nicht in einer notbetreuungsähnlichen Form erteilt werden können und eine echte Lernbegegnung mit Einführung der Phänomene und Sichern der Lernfortschritte nicht möglich ist, wurde bereits vor dem Gespräch reagiert.

Trotzdem äußerten die Verbände ihre Befürchtungen, die sich auch schon in den Wahlen zu den Fremdsprachen zu manifestieren scheinen, dass es in Zukunft kaum zweite und dritte Fremdsprachen im Abitur geben wird bzw. die dritte Fremdsprache in der Sek I kaum angewählt werden wird.

Wir nutzten das Gespräch, um auf weitere Punkte aufmerksam zu machen:

1.     Durch G8 wird die dritte Fremdsprache schon an vielen Schulen gar nicht mehr unterrichtet. Die zusätzliche vierte Stunde in G9 (im Gegensatz zu den anderen WPII – Fächern) wird sicherlich nicht zu einer Steigerung der Attraktivität der dritten Fremdsprache führen.

2.     Außerdem regten wir an, die Einrichtung von „Huckepackkursen“ in der Oberstufe, sei es eine Verbindung von Lk und Gk oder eine Verbindung von Jahrgangsstufen, wieder explizit dem Zweck der Sicherung von kleinen Fächern statt der Sicherung der Schullaufbahn zu widmen.

3.     Wir wiesen darauf hin, dass die Einführung des Faches Informatik in der 5/6 bzw. im WP II Bereich wiederum vor allem den Fremdsprachen schaden wird

Das Fazit des Gesprächs war, dass wir mit dem Ministerium im Gespräch bleiben und hoffen, die Nöte der zweiten und dritten Fremdsprachen in Zukunft einmal mit Frau Ministerin Gebauer besprechen zu dürfen. 

(Dr. Susanne Aretz für den DAV NRW)



Herr Staatssekretär Richter hat sich am 31. März für unsere Vorschläge zur Behandlung der zweiten und dritten Fremdsprache während der Coronapandemie (Brief vom 13.03.21) bedankt und will sie in seine weiteren Überlegungen einfließen lassen. Die Landesverbände des DAV, des VdF und des DSV haben am 1. April darauf geantwortet und bitten weiterhin um ein Gespräch und um explizite Hinweise in einer neuen Schul-E-Mail.


 

An Herrn
Staatssekreta
̈r Mathias Richter Ministerium für Schule und Bildung Düsseldorf

01.04.2021

Unterricht in der zweiten und dritten Fremdsprache für die Zeit nach den Osterferien

- Ihr Schreiben vom 31.03.21

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Richter,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben. Wir danken ebenso für das in der Schulmail vom 25.03.21 offerierte Gesprächsangebot für Vertreter*innen der Lehrerverbände. In dieser Funktion möchten wir Ihnen bereits jetzt darlegen, welche Alternativen für den Unterricht in den Zweiten und Dritten Fremdsprachen wir uns nach den Osterferien vorstellen.

Die Zweiten und Dritten Fremdsprachen werden nur in ganz wenigen Ausnahmen im Klassenverband unterrichtet. Daher ist es unabdinglich, dass die Schüler*innen der Zweiten und Dritten Fremdsprachen in festen Lerngruppen zusammenkommen bzw. als Lerngemeinschaften unterrichtet werden.

In den allgemeinen Informationen zum Schulbetrieb führen Sie im Unterpunkt Präsenzunterricht und Klassenteilung zwar aus, dass „für die Fremdsprachen bzw. den Wahlpflichtbereich Anpassungen erforderlich und die Schulen, die für sie besten Möglichkeiten wählen können.“
Gleichwohl formulieren Sie in der Schulmail vom 05.03.21, dass eine „Durchmischung im Rahmen der äußeren Differenzierung, im Wahlpflichtbereich sowie im Unterricht der zweiten Fremdsprache vermieden“ werden soll. In der Praxis wird dies als Verbot der Fortführung der bisherigen Lerngruppen gelesen, denn Schulleiter*innen verstehen: Die Schüler*innen sind im Klassenverband zu halten und mit Aufgaben zu versorgen. Die Möglichkeiten der Anpassung werden daher sehr selten erwogen.

Die Praxis seit dem 15.0.3.21 zeigt, dass Hauptfächer, die einen erheblichen Teil zur Denkentwicklung der Schüler*innen beitragen und wesentliche Sprachqualifikationen vermitteln, nur in einer notbetreuungsähnlichen Form erteilt werden. Fachlehrer*innen werden zur Aufsicht statt zum qualifizierten Unterricht eingesetzt, müssen sogar in vielen Fällen zwischen fünf Lerngruppen während einer Stunde hin und her springen. Das bedeutet: erhöhtes Infektionsrisiko und erschwertes Arbeiten für Schüler*innen und Lehrer*innen. Echte Lernbegegnungen mit Einführung der Aufgaben und Sichern der Lernfortschritte sind nicht möglich.

Welche Alternativen sehen wir?

An allen Schulen werden Notbetreuung und vielerorts auch Lernräume angeboten, in denen Schüler*innen der Sek I lernen können. In diesen wechselnden Schüler*innengruppen werden unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln sowie einer engmaschigen Dokumentation Schüler*innen aus verschiedenen Klassen und Jahrgangsstufen in einem Raum betreut bzw. beaufsichtigt.
In allen Jahrgängen der Oberstufe werden die Schüler*innen im Kurssystem unterrichtet. Während dies in den Jahrgängen der Qualifikationsphase in voller Präsenz stattfindet, sind die Kurse der Einführungsphase durch den Wechselunterricht deutlich reduziert.

Schüler*innen der Sek I sind in der Regel als halbe Klasse anwesend, da der andere Teil in Distanz lernt. Genauso träfe dies für alle Sprachgruppen bzw. festen Lerngruppen im Wahlpflichtunterricht zu.

Die Lerngruppen in der zweiten und dritten Fremdsprache sind feste Lerngruppen, die Anwesenheit wird dokumentiert. Daher bitten wir dringend zu prüfen, ob diese nicht wie die Kurse der drei Jahrgänge der Oberstufe sowie die Gruppe der Notbetreuung nach den Osterferien wieder in Präsenz eingerichtet werden können.

Wenn die Stunden in den Zweiten Fremdsprachen und im Wahlpflichtbereich in den Randstunden liegen oder gelegt werden, könnten diese nach dem Präsenzunterricht in Distanz bzw. als Videokonferenzen für die dann ungeteilte Lerngruppe abgehalten werden. Niemand weiß, wie sich die Situation nach den Osterferien entwickeln wird, aber für die Fremdsprachen wäre es besser, Distanzunterricht als keinen Unterricht erteilen zu können.

Wir bitten daher darum, in der nächsten Schulmail die Zweiten und Dritten Fremdsprachen explizit zu thematisieren und den Schulleitungen gegenüber eindeutig zu formulieren, wie ein gemeinsamer Unterricht in der festen Lerngruppe ab dem 12. April 2021 möglich sein kann:


- im Wechselunterricht mit einer Anwesenheit von in der Regel der halben festen Lerngruppe in Präsenz,
- im Distanzlernen durch Verlagerung der Unterrichtsstunden an den Tagesbeginn oder das Tagesende.

Wir würden es begrüßen, wenn Sie mit uns, den Fremdsprachenverbänden, auch das direkte Gespräch suchten, wie Sie es in Ihrer Schulmail vom 25. März angekündigt haben.

Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis und verbleiben mit freundlichen Grüßen
für die Landesverbände
des DAV

Dr. Susanne Aretz
Dr. Matthias Laarmann Maximilian Nießen

der VdF
Andreas Nieweler Ulrike C. Lange

des DSV Thomas Döring Cornelia Walter