An Herrn Staatssekretär Matthias Richter
Ministerium für Schule und Bildung
Düsseldorf

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Richter!

Die Corona-Pandemie hat uns allen den Wert des Präsenzunterrichts klar gemacht. Der Weg dorthin zurück ist Aufgabe für uns alle mit Schule Befassten, und die nordrhein-westfälischen Landesverbände des Deutschen Altphilologenverbandes (DAV), der Vereinigung der Französischlehrerinnen und -lehrer e.V. (VdF) und des Deutschen Spanischlehrerverbandes (DSV) möchten auch ihren Beitrag leisten. Es ist uns auch bewusst, dass mit der Schulmail vom 05.03. ein Versuch gemacht wurde, Familien zu entlasten und Bildung wieder langsam zu ermöglichen unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes. Doch bleiben augenscheinlich bei dieser Grundentscheidung des Schulministeriums wichtige Belange der Zweiten und Dritten Fremdsprache unberücksichtigt oder zumindest gefährlich unterbewertet.

Deswegen möchten wir auf ein großes Problem aufmerksam machen, zu dem uns zahlreiche Zuschriften aus dem gesamten Land erreichen und dessen Beseitigung für die Zeit nach den Osterferien organisatorisch unbedingt geleistet werden muss: In der Schulmail vom Freitag, dem 05.03.2021, steht explizit, dass eine „Durchmischung im Rahmen der äußeren Differenzierung, im Wahlpflichtbereich sowie im Unterricht der zweiten Fremdsprache vermieden“ werden soll. Die Zweiten und Dritten Fremdsprachen werden nur in ganz wenigen Ausnahmen im Klassenverband unterrichtet. Dadurch haben die Schulleiter*innen und Fachlehrkräfte fast keinen Spielraum mehr, in diesen Fächern digital oder analog Unterricht zu erteilen. De facto besteht im Moment an vielen Schulen die absurde Situation, dass in den zumeist gemischten Lerngruppen in bis zu sechs unterschiedlichen Räumen Teilgruppen der Schüler*innen sitzen, gemeinsam mit den anderen Fächern, die von den Sprachlehrkräften lediglich mit Aufgaben zur Einzelarbeit versorgt werden können, was eine echte Unterrichtsbegegnung unmöglich macht und auch deutlich hinter den Distanzunterricht zurückfällt.

Wir brauchen zum Spracherwerb (vor allem zur Schulung der Mündlichkeit oder zur Einführung neuer Grammatik sowie zum Besprechen der Arbeitsergebnisse) unbedingt den regelmäßigen Unterricht in der Lerngruppe, zumal sehr viele wichtige Elemente eines modernen Sprachunterrichts, wie Austausche und kulturelle Begegnungssituationen, aktuell bereits wegfallen müssen. Aufgaben im Wechsel mit dialogischem Unterricht funktionieren, nicht aber Aufgaben ohne gemeinsame Einführung und Besprechung. Es geht uns jetzt nicht um die 6-8 Unterrichtsstunden vor den Osterferien. Die Problematik darf aber keinesfalls nach den Osterferien fortbestehen.

Es handelt sich um die Zweiten und Dritten Fremdsprachen als Hauptfächer, die einen erheblichen Teil zur Denkentwicklung der Schüler*innen beitragen und in denen sie die Chance erhalten müssen, die Sprachqualifikationen, die sie später für verschiedene Studienrichtungen benötigen, auch zu erwerben. Durch das apodiktische Gebot fester Lerngruppen über die Osterferien hinaus ohne alternative Lösungen könnten Schullaufbahnen gefährdet sein. Es fehlt allen Beteiligten eine Bewertungsgrundlage z. B. von Schüler*innen, die sich allem leicht entziehen können. Dadurch drohen Widersprüche. Die fortlaufende Belegung einer zweiten Fremdsprache ist außerdem Abiturbedingung. Schüler*innen müssen die Wahl haben können, statt in der Oberstufe wieder eine neue Fremdsprache bis zum Abitur anzuwählen, guten Gewissens die zweite oder dritte Fremdsprache fortlaufend zu belegen. Wir machen hier auch darauf aufmerksam, dass die Schulform Gymnasium sich von den anderen Schulformen durch die Möglichkeit, mehrere Fremdsprachen erwerben zu können, wesentlich unterscheidet. 

Wir möchten Sie daher bitten, über Alternativen nachzudenken, die den Schulen Handlungsspielräume zulassen. Natürlich ist uns allen ein umfassender Infektionsschutz wichtig, gerade deshalb sind hier Hilfen und Hinweise für Schulleitungen und Lehrkräfte notwendig. Daher ist es sehr wichtig, die Aufmerksamkeit der Schulleitungen in der Schulmail auf dieses Problem zu richten und einzufordern, dass die Lösung an der Schule mit den Fachschaften der zweiten und dritten Fremdsprachen abgeklärt werden. Auch eine Übersicht über Best practice-Beispiele von Schulen wäre hilfreich. Wenn die Stunden der Wahlpflichtfächer z. B. in den Randstunden liegen, könnten diese auch nachmittags als Videokonferenzen für die dann ungeteilte Lerngruppe abgehalten werden. Für den Bildungserfolg in den Fremdsprachen wäre es auf jeden Fall besser, weiterhin Distanzunterricht als gar keinen realen Unterricht zu erhalten. Aufgaben in Einzelarbeit erfüllen dies nicht. Auch das jetzige Verbot der klassenübergreifenden Gruppenmischungen könnte nach den Osterferien analog den Regelungen in der Oberstufe aufgehoben (wie in anderen Bundesländern, z. B. Rheinland-Pfalz) und mit regelmäßigen Testungen begleitet werden, so es das Infektionsgeschehen erlaubt.

Die NRW-Landesverbände des DAV, der VdF und des DSV sind in Sorge um die Lernerfolge von zahlreichen Schüler*innen, die ein Hauptfach zu absolvieren haben und denen ein ebenso valider wie praktikabler Unterricht zusteht. Es ist wichtig und dringend, dass die bisherige Lösung eine Ablösung braucht. Wir bieten dazu als Landesverbände des DAV, der VdF und des DSV gerne unsere Unterstützung an.

Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

für die Landesverbände

des DAV der VdF des DSV

Dr. Susanne Aretz                               Andreas Nieweler                               Thomas Döring

Dr. Matthias Laarmann                       Ulrike C. Lange                                   Cornelia Walter

Maximilian Nießen

 


 

Außerdem möchte ich auf einen wichtigen Passus auf der Homepage des Schulministeriums aufmerksam machen:

Quelle: https://www.schulministerium.nrw/themen/schulsystem/angepasster-schulbetrieb-corona-zeiten

Punkt: Präsenzunterricht und Klassenteilung