Am 01.06.2021 haben sich Dr. Susanne Aretz, Johannes Maximilian Nießen und Dr. Jochen Sauer vom DAV NRW zu einem etwa einstündigen online-Gespräch mit Vertreter*innen des Ministeriums für Schule und Bildung getroffen. Anlass des Gesprächs mit Frau Hinz, Herrn Geldmacher, Herrn Hoser sowie Herrn Weißweiler war die geplante Änderung des § 11 Lehramtszugangsverordnung (LZV). Die Lehramtsstudiengänge der evangelischen und katholischen Religionslehren sollen demnach in Zukunft nur noch "Kenntnisse auf dem Niveau des Kleinen Latinums" erfordern. Die Einzelheiten der Umsetzung in Lehre und Prüfungsmodalitäten regeln die Hochschulen dann in Eigenregie.
Der DAV NRW möchte sich in diesem Zusammenhang nicht in die Belange und inhaltlichen Vorstellungen der jeweiligen Fächer einmischen, ist aber mit der impliziten Relativierung der Standards aus fachlichen Gründen nicht einverstanden.
Die folgenden Argumente wurden von den DAV-Vertreter*innen vorgetragen und von den MSB-Vertreter*innen wertschätzend zur Kenntnis genommen:
- Seit dem Akkreditierungsverfahren 2016 gibt es bereits Erfahrungswerte zu den Fächern Geschichte und Philosophie, die zu denken geben: Die dem DAV NRW vorliegende Datenlage lässt nämlich erkennen, dass die Praxis von Anforderungen, Kursen (in der Regel drei Kurse Latein in Kooperation mit den Instituten/Seminaren für Klassische Philologie) und Prüfungen nicht nur an verschiedenen Universitäten, sondern selbst innerhalb von Universitäten oder Fachbereichen unterschiedlich gehandhabt werden; auf die bestehende Möglichkeit, eine Prüfung zum Kleinen Latinum bei den Bezirksregierungen abzulegen, wird nicht von allen Universitäten verwiesen. Die unklare Zuständigkeit für die Sicherstellung des Standards "Kleines Latinum" an Universitäten – die oberste Schulaufsicht oder das universitäre Akkreditierungsverfahren (zuletzt 2016, erneut voraussichtlich 2023) – stellt ein grundsätzliches Problem dar.
- Die fachlichen Standards des Kleinen Latinums an Universitäten sicherzustellen und gleichzeitig den Zuschnitt auf die fachbezogenen Anforderungen der einzelnen Fächer (z.B. Antike-/Mittelaltermodule im Fach Geschichte, Kirchengeschichte in der Theologie, ...) zu ermöglichen, ist eine Herausforderung.
- Universitäten sind bei der Konzeptionierung und Durchführung von Anforderungen, Kursen und Prüfungen vor enorme organisatorische Herausforderungen gestellt.
Einigkeit bestand in dem Punkt, dass es für die Prüfungsverfahren sinnvoll ist, dass den Prüflingen die Prüfer*innen möglichst bekannt sind. Gebotene Praxis ist bei den Prüfungen allerdings, dass Prüfer*innen der Bezirksregierungen und nicht die Dozent*innen der Studierenden prüfen.
Nach Dafürhalten des DAV NRW wäre schließlich die einzige, wenn auch unrealistische oder unwahrscheinliche Perspektive, alle bisher auf den Weg gebrachten Änderungen zu den Lateinanforderungen rückgängig zu machen.
Der DAV NRW wird alle weiteren Entwicklungen in Zusammenhang mit den Graecums- und (Kleinen) Latinumsanforderungen kritisch beobachten und sich bei Bedarf erneut einschalten.
(Johannes Maximilian Nießen für den DAV NRW)
Nachtrag: Gesprächsergebnisse zum ersten Treffen mit den Vertreter*innen des Sprachenreferats anlässlich des Unterrichts der zweiten und dritten Fremdsprachen während der Coronapandemie im Frühjahr
Am 26. April 2021 trafen sich die Vertreter*innen der Landesverbände des Deutschen Altphilologenverbandes, der Vereinigung der Französischlehrerinnen und -lehrer und des Deutschen Spanischlehrerverbandes, Dr. Susanne Aretz, Ulrike Lange und Cornelia Walter, mit den Vertreter*innen des Sprachenreferats, Silke Hinz, Jörg Weißweiler und Jan Gerstenberger, um auf die desolate Situation des Unterrichts der zweiten und dritten Fremdsprachen während der Coronapandemie aufmerksam zu machen. Auf unser Anliegen, dass diese Hauptfächer, die einen erheblichen Teil zur Denkentwicklung der Schüler*innen beitragen und wesentliche Sprachqualifikationen vermitteln, nicht in einer notbetreuungsähnlichen Form erteilt werden können und eine echte Lernbegegnung mit Einführung der Phänomene und Sichern der Lernfortschritte nicht möglich ist, wurde bereits vor dem Gespräch reagiert.
Trotzdem äußerten die Verbände ihre Befürchtungen, die sich auch schon in den Wahlen zu den Fremdsprachen zu manifestieren scheinen, dass es in Zukunft kaum zweite und dritte Fremdsprachen im Abitur geben wird bzw. die dritte Fremdsprache in der Sek I kaum angewählt werden wird.
Wir nutzten das Gespräch, um auf weitere Punkte aufmerksam zu machen:
1. Durch G8 wird die dritte Fremdsprache schon an vielen Schulen gar nicht mehr unterrichtet. Die zusätzliche vierte Stunde in G9 (im Gegensatz zu den anderen WPII – Fächern) wird sicherlich nicht zu einer Steigerung der Attraktivität der dritten Fremdsprache führen.
2. Außerdem regten wir an, die Einrichtung von „Huckepackkursen“ in der Oberstufe, sei es eine Verbindung von Lk und Gk oder eine Verbindung von Jahrgangsstufen, wieder explizit dem Zweck der Sicherung von kleinen Fächern statt der Sicherung der Schullaufbahn zu widmen.
3. Wir wiesen darauf hin, dass die Einführung des Faches Informatik in der 5/6 bzw. im WP II Bereich wiederum vor allem den Fremdsprachen schaden wird
Das Fazit des Gesprächs war, dass wir mit dem Ministerium im Gespräch bleiben und hoffen, die Nöte der zweiten und dritten Fremdsprachen in Zukunft einmal mit Frau Ministerin Gebauer besprechen zu dürfen.
(Dr. Susanne Aretz für den DAV NRW)